Ein Beitrag zur Absolutchronologie des Neolithikums in Ostösterreich aufgrund der
14C Daten
von Peter Stadler, Wien
Der Artikel ist in gedruckter Form erschienen in:
Eva Lenneis, Christine Neugebauer-Maresch, Elisabeth Ruttkay, Jungsteinzeit im Osten Österreichs, Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich, 102-105, 210-224.
Aus Österreich sind derzeit für den gesamten Bereich der Ur- und Frühgeschichte - das Paläolithikum ausgenommen - nur 369 Radiocarbondaten bekannt. Für das Neolithikum und die frühe Bronzezeit liegen für ganz Österreich 196 Daten vor, für den Osten sind es nur 146. Wollte man nur auf diesen Daten eine Absolutchronologie unseres ostösterreichischen Raumes aufbauen, so wäre die statistische Basis einfach nicht ausreichend. Lediglich für die Linearbandkeramik liegen derzeit 59 Daten vor, was auf die vermehrte Grabungs- und Analysentätigkeit in den letzten Jahren zurückgeführt werden kann (siehe Lenneis, Stadler, Windl 1995). Für die anderen Kulturen oder Kulturgruppen ist demzufolge auch eine Einbeziehung der Daten benachbarter Gebiete notwendig, so methodisch umstritten das auch sein mag.
Datenbasis
Datengrundlage ist eine von mir angelegte Datenbank zu den 14C-Daten des Neolithikums und der frühen Bronzezeit in Europa. Dazu verwendet wurden die großen Monografien, die 14C-Daten in den letzten 20 Jahren vorgelegt haben: Pape 1979, Breunig 1986, Ehrich 1992, aber auch zahlreiche Artikel der letzten Jahre, die in den großen Arbeiten noch nicht benutzt werden konnten. Man kann derzeit sicher noch nicht davon sprechen, daß die Datenbank komplett wäre, aber bei derzeit 6000 Daten doch wesentlich mehr als die Arbeit von Breunig 1986 mit ca. 2000 Daten umfaßt. Das obwohl eine große Anzahl von Daten, höchstens aber 5% in der Datenbank doppelt eingetragen sind. Das ist unter anderem auf oft widersprüchliche Mitteilungen der gleichen Daten durch verschiedene Autoren zurückzuführen. Für die Auswertung wurden diese "Doppeldaten" jedoch weitgehend eliminiert.
In Tab. 1 sind nun die 196 Daten zum Neolithikum und zur Frühen Bronzezeit in Österreich aufgelistet. Folgende Felder werden dabei zu jedem Datensatz angegeben:
Die Kalibration erfolgte mit dem Programm OxCal 2. 17 des 14C-Labors von Oxford, erstellt von Ch. Ramsey 1995.
Resultate
Es werden hier nur die Kulturen und Kulturgruppen besprochen, die tatsächlich im Osten Österreichs vertreten sind.
Für diese Kulturen wurde als einzige Einschränkung nur solche Analysen verwertet, bei denen Sigma < 120 war. Im Gegensatz dazu wurde bei den Daten der Linearbandkeramik, die aus einem weiten Verbreitungsgebiet stammen, die Zahl von an die 500 Daten reduziert. Es wurden nur die Proben genommen, für die folgende Bedingungen erfüllt waren:
1) Sigma < 80
Jahre
2) Nur Daten innerhalb von 7000-5400 BP.
3) Nur Daten aus Groningen (sowohl konventionelle 14C-Bestimmung,
als auch AMS), Köln, Oxford und Zürich (nicht verwendet wurden die Daten vom
British-Museum, Berlin, Hannover und Heidelberg etc. )
Abb. 1 zeigt die Sonderstellung der Linearbandkeramischen
Fundstelle
von Brunn am Gebirge Flur Wolfholz innerhalb der ältesten Stufe, in Form einer Gruppenkalibration der Züricher Analysen. (siehe dazu Stadler 1995)
Die Abb. 2-13 geben den grafischen Output der Gruppenkalibration des Oxforder Kalibrationsprogrammes für die verschiedenen Kulturgruppen wieder.
Abb.2:
Linearbandkeramik
Abb.3:
Linearbandkeramik Österreich
Abb.4:
Stichbandkeramik
Abb.5: Lengyel
Abb.6: Epilengyel
Abb.7:
Baalberg/Salzmünde
Abb.8: Baden
Abb.9: Vucedol
Abb.10:
Schnurkeramik
Abb.11:
Glockenbecher
Abb.12: Aunjetitz
Abb.13 Věteřov
In Tab. 2 ist nun das Ergebnis für die verschiedenen Kulturen zusammengefaßt. Hier werden die Kulturgruppen, die Anzahl der jeweils verwendeten Daten und die Intervalle für 1 Sigma und 2 Sigma angegeben. Die "wahren" Intervalle liegen dazwischen, wohl näher bei 1 Sigma. Denn verschiedene Fehlerquellen werden wohl bei der 2-Sigma-Umgebung mitausgewertet:
Die Lücken in Tab. 2 bei der Angabe des 1-Sigma Intervalls können verschiedene Ursachen haben:
Überlappungen im 2-Sigma Intervall bedeuten keineswegs, daß die Kulturen gleichzeitig existierten.
Die Überlappung von Stichbandkeramik und Lengyel ist jedoch auch archäologisch nachgewiesen, in Österreich aus der Grube von Unterwölbling, in der beide Keramikformen gemeinsam auftreten, und zwar STBK III mit MOG Ia. Eine Parallele dazu liefert Künzing-Unternberg mit bemaltkeramischem Import der Stufe MBK Ib. (Petrasch 1994). Siehe dazu auch E. Lenneis, in diesem Band. Die Stichbandkeramik hört aber früher auf, so daß dann die Lengyelkultur allein weiterläuft.
Epilengyel ist durch nur 5 Daten nicht ausreichend datiert. Zudem stammt nur ein Datensatz aus in Ostösterreich aus einer befundeten Grube in Pitten, die anderen vier kommen von Pfählen des Keutschachersees.
Die Lücke zwischen Epilengyel und Baalberg ist wohl auf die unzureichende Probenzahl für Epilengyel bedingt.
Andere Probleme ergeben sich vor allem im Bereich der Glockenbecher- und Schnurkeramischen Kultur mit einer Dauer von 2900-2300 bzw. 2600-2000 v. Chr (bei 1 Sigma). Diese Kulturen müssen bei weitem nicht solange gelebt oder einander überlappt haben. Hier liegt jedoch ein besonders ungünstiger Bereich der Kalibrationskurve mit vielen Wiggles. Dabei kann vor allem die dendrochronologische Datierung, wie sie z. Teil bereits in der Schweiz erfolgt ist, ein Ausweg sein.
Der Terminus ad quem des Neolithikums wird durch die frühbronzezeitlichen Kulturgruppen Aunjetitz und Unterwölbling bestimmt, die hier aufgrund der zu geringen Anzahl von Unterwölblinger Daten zusammengefaßt wurden. Die anscheinende Parallelität von Aunjetitz und Schnurkeramik bzw. Glockenbechern kann auf dieselben Probleme - wie oben angeführt - mit der Kalibrationskurve zurückgeführt werden. Das obwohl in vielen frühbronzezeitlichen Gräberfeldern auch Schnurkeramische Bestattungen vorkommen, die anscheinend respektiert wurden. (Neugebauer-Maresch 1994) Die später folgende Veteø ovphase schließt nahtlos an.
Ausblick
Ich hoffe mit dieser Arbeit gezeigt zu haben, daß beim derzeitigen Analysenstand die österreichische Absolutchronologie für das Neolithikum nur unter Benutzung von Daten aus benachbarten Ländern möglich ist. Um lokale chronologische Besonderheiten erkennen zu können, sollte die Analysetätigkeit wesentlich intensiviert werden, vor allem müßten Hochpräzisionsmessungen vor allem mittels AMS (Accelerator Mass Spectroscopy) in Form ganzer Analysenreihen durchgeführt werden. Es erscheint eine glückliche Fügung zu sein, daß in Wien, am Institut für Radiumforschung der Universität Wien, Ende 1995 eine AMS-Anlage aufgestellt wird, die Mitte oder Ende 1996 in Betrieb genommen werden soll.
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