ImageFinder und der Rest der Welt!

 

Seit längerer Zeit steht den Bundesmuseen Imagefinder, ein speziell zunächst für das Institut der Klassischen Archäologie der Universität Wien konzipiertes Bilddatenprogramm zum Testen bereit, das in Form eines ImageFinders Cultura ausgeliefert wurde. Diese Version existierte zunächst ausschließlich auf der MacIntosh-Plattform. Die Auslieferung einer Windows95 /NT Version ließ über die maßen auf sich warten. Diese Version ist jedoch nichts anderes als eine MacIntosh-Emulation unter Windows, die jedenfalls nur zur Demonstration benutzt werden kann, wie am IKA die Diadateien erfaßt worden sind.

 Mit dieser Demoversion konnten keinesfalls Daten und Bilder eingegeben werden.

 Kürzlich, auch mit monatelanger Verspätung wurde nun eine ImageFinder-Museum Version ausgeliefert.

 Verschiedene Gründe haben mich dazu gebracht der Fa. Docuphot/Imagefinder eine gewisse Skepsis entgegenzubringen. Ich versuche diese Gründe in Art einer wertenden Reihenfolge aufzulisten:

 Aufgrund dieser Skepsis und des Bedarfs einer wissenschaftlichen Bilddatenbank mit besonderer wissenschaftlicher Fragestellung wurde von uns versucht, einen anderen Weg zu beschreiten, nämlich die Zusammenarbeit mit dem Institut der Technischen Universität Wien, das sich genau mit den uns beschäftigenden Fragen wissenschaftlich und auch professionell auseinandersetzt. Ich habe deshalb die Passagen in diesem Projektantrag, die hier interessieren können beigefügt.

 

 

Der Goldschatz von Vrap, Albanien

 

Forschungsprojekantrag in Zusammenarbeit mit dem Metropolitan Museum, New York, Department of Medieval Art

 

Peter Stadler

Prähistorische Abteilung, Naturhistorisches Museum, Wien und

Institut für Ur- und Frühgeschichte, Wien

Falko Daim

Institut für Ur- und Frühgeschichte, Wien

Einleitung

Der Schatz von Vrap gehört zu den wichtigsten frühmittelalterlichen Fundkomplexen Mittel- und Südosteuropas sowie der gesamten mediterranen Welt. Schon kurz nach seiner Entdeckung und schon lange, bevor der Großteil des Komplexes durch J. Pierpont Morgan für eine öffentliche Sammlung erworben werden konnte, bildete er den Ausgangspunkt für ein umfangreiches, wenngleich auch von seiner Zielsetzung in höchstem Maß fragwürdiges Buch des Wiener Kunsthistorikers Josef Strzygowski. Eine neuere Publikation wird dem berühmten Münchner Archäologen Joachim Werner verdankt, der allerdings keine neue Dokumentation vornahm, keine technischen Untersuchungen veranlaßte und historische Überlegungen in das Zentrum seiner Betrachtungen stellte. Werner konnte auch den Schatz, dessen größter Teil nun im Metropolitan Museum, New York, verwahrt wird, nicht selbst studieren.

Der Antragsteller beschäftigte sich in mehreren Arbeiten mit der Chronologie der einzelnen Fundgegenstände aus dem Schatzfund von Vrap, indem er sie durch die Seriation awarischer Fundkomplexe aus Männergräbern und die Verzahnung mit den Parallelen von Vrap relativchronologisch einordnete. Eine absolutchronologische Datierung ist durch die Kalibration der relativchronologischen Abfolge mittels byzantinischen Fundmünzen möglich, die in leider nur wenigen Fällen als Oboli in die Gräber gelangt sind. Eine Möglichkeit, diese Absolutchronologie zu verifizieren, modifizieren oder zu verfeinern, wird in einem vom FWF bewilligten Projekt durch Erstellung von 14C-Datierungen vor allem von Grabkomplexen aus der Früh- und Mittelawarenzeit eröffnet.

Außerdem konnte im awarischen Fundmaterial - dem damaligen Stand der Forschung entsprechend - die Verbreitung der awarischen Parallelen zu den Gürtelbeschlägen von Vrap untersucht werden und diese teilweise der Produktion lokal arbeitender awarischer Werkstätten zugeordnet werden. In einer Untersuchung über die Greifenbeschläge konnten so 8-10 Gebiete abgegrenzt werden, in denen offensichtlich eigene Produktionsstätten die lokale Bevölkerung mit ihren gegossenen Gürtelbeschlägen versorgten.

In seiner Studie "Byzantinische Gürtelgarnituren des 8. Jahrhunderts" versucht Falko Daim, den genuinen byzantinischen Gürtelzierat von awarischen und slawischen Eigenprodukten und Nachahmungen abzugrenzen. Er bedient sich dabei einer kombinierten Methode, die auf der Auswertung von Verbreitungskarten, ikonographischen und technischen Analysen beruht. Dabei findet er starke Indizien dafür, daß die Schnallen, Riemenzungen und Gürtelbeschläge von Vrap aus byzantinischer Produktion stammen, wobei die Werkstätte vermutlich in der byzantinischen Stadt Dyrrhachium lag. Eine Absicherung seiner Thesen kann jedoch nur durch weitere technische Untersuchungen des Schatzes von Vrap erfolgen.

Anläßlich zweier Reisen in die USA konnte Daim seine Überlegungen im Metropolitan Museum vortragen und wurde daraufhin zu einer Besprechung zur Planung eines österreichisch-amerikanischen Forschungsprojektes zum Schatz von Vrap eingeladen. Das Gespräch mit Bill Wixom (Leiter des Departments of Medieval Art und Direktor des Museums The Cloisters), Katharine R. Brown (Frühmittelalter), Helen A. Evans (Byzantinistik) und Pete Dendridge (Conservation Department) fand am 17. April d. J. statt und ergab die vollständige Übereinstimmung, eine umfassende Untersuchung des Schatzes vorzunehmen, wobei das Schwergewicht auf der technischen Analyse und der Dokumentation der einzelnen Teile liegen sollte. Am Ende müßte eine umfangreiche monographische Vorlage der Ergebnisse, ergänzt durch begleitende historische Studien, stehen. Es wurde weiters vereinbart, daß die technischen Analysen, soweit sie im Conservation Department vorgenommen werden können, und die photographische Dokumentation die amerikanische Seite beisteuert, die Graphiken und die archäologische Dokumentation die österreichische Seite. Im vorliegenden Antrag wird daher das gemeinsame Ziel formuliert, die beantragte Finanzierung betrifft jedoch nur den österreichischen Anteil.

Bereits am 23. April kam es zu einem Gespräch mit dem Direktor der Walters Art Gallery, Baltimore, wo sich eine Griffschale aus dem Schatz von Vrap befindet. Gary Vikan bekundete höchstes Interesse an der Teilnahme seines Museums an dem geplanten Forschungsprojekt zum Schatz von Vrap. Lediglich mit dem Archäologischen Museum Istanbul wird zu verhandelt sein, in welcher Form die Dokumentation und technische Untersuchung des dort verwahrten Kelches durchgeführt werden können.

Voraussetzung für die kulturhistorische Beurteilung des Schatzes von Vrap ist allerdings auch die Sammlung von Vergleichsfunden, vorzugsweise im Weg einer computergestützten Bilddatenbank. Während an verschiedenen Orten Bildarchive aufgebaut worden sind (z.B. Dumbarton Oaks Collection and Research Center, Washington), genügt keines den heutigen Anforderungen und keines ist nur annähernd komplett. Das hängt nicht zuletzt mit der Schwierigkeit zusammen, byzantinische Produkte von lokalen Erzeugnissen abzugrenzen. Die Bilddatenbank wird unter der Leitung des Hauptantragstellers entstehen, der bereits eine vielfach genutzte Datenbank sämtlicher publizierter und zahlreicher unpublizierter awarischer Funde (hauptsächlich aus Männer- und Reitergräbern) aufgebaut hat. Natürlich kann hier nur ein erster Schritt gesetzt werden; dieser Projektteil wird selbst den Charakter eines Pilotprojektes haben, doch ist er unverzichtbar, um die Vergleichsstudien rationell durchführen zu können.

Mit dem Schatz von Vrap sind weitreichende kulturhistorische Fragen verbunden, welche das Verhältnis der Byzantiner zu den Slawen und Awaren an der nördlichen Peripherie des Reiches betreffen. Gleichzeitig ist er insofern von großer kunsthistorischer Bedeutung, da er aus der Zeit des Ikonoklasmus stammt, aus der sich nur wenige (datierbare) Kunstdenkmäler erhalten haben. Der Schatz verlangt fraglos eine erneute monographische Bearbeitung, wobei goldschmiedetechnische und Metallanalysen sämtlicher Gegenstände sowie eine eingehende stilkundliche und ikonographische Bearbeitung der Gefäße durchgeführt werden müßten. Zentral ist dabei das Verhältnis der Gürtelbestandteile aus Vrap mit den awarischen der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, da sich aus diesem Zusammenhang zunächst die Datierung der Verbergung des Schatzes ergibt, gleichzeitig aber auch Hinweise auf die Weitergabe bzw. Übernahme von Repräsentationsmitteln, technischen Herstellungsverfahren, Formen und Motiven durch die Awaren aus dem mediterranen Raum.

Es wird von Seiten des British Museum, London, versucht werden, auch den sogenannten "Avar Treasure", einen mit Vrap vergleichbaren Komplex, der ebenfalls aus Albanien stammen soll, dessen Echtheit jedoch diskutiert wird, einer Untersuchung zuzuführen und dafür die Genehmigung des (anonymen) Besitzers zu erlangen. Sollte er sich als echt herausstellen, müßte dieser Komplex bei der Auswertung des Schatzes von Vrap unbedingt berücksichtigt werden. In einer Untersuchung konnte der Antragsteller darstellen, daß untermauert durch verschiedenste Argumente eine Fälschung eher unwahrscheinlich ist.

 Alternative Oracle-Bilddatenbank: in Verbindung mit dem Institut für Bilderkennung und Bildverarbeitung an der TU Wien.

 Im Rahmen dieses Projektes wird es wichtig sein, jederzeit Zugriff auf die Gesamtheit der Parallelen zu haben. Die bisherige Verwendung von Datenbanken, bei denen Objekte nur mit Texten erfaßt sind, leiden darunter, daß wenn ein Detail bei der Ersteingabe vernachlässigt wurde, die Nachführung des Datenbestandes nur unter Zuhilfenahme der Originale oder von Fotodokumenten möglich ist. Deshalb empfiehlt es sich eine Bilddatenbank zu verwenden, bei der sowohl Text als auch Bildinformationen abgespeichert werden können

Von den Bundesmuseen wurden bereits in Zusammenarbeit mit den Bundesministerien für Wissenschaft und Forschung sowie Unterricht und Kunst mehrere Bilddatenbanksysteme getestet, wobei jedoch nach einem gemeinsamen Workshop nur mehr zwei "im Rennen geblieben" sind.

Zum einen ist dies das Programm "Imagefinder" aus der Schweiz, das im Rahmen eines Pilotprojekts mit dem Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien erstellt worden ist. Der so entstandene "Imagefinder-Cultura" wurde speziell auf die Bedürfnisse des Instituts abgestimmt. Derzeit wird ein "Imagefinder-Museum" entwickelt, der auf die unterschiedlichen Anforderungen in den Bundesmuseen Rücksicht nehmen soll Diese Datenbank baut auf "4th Dimension" auf, einer Datenbank, die für die Apple-Mac Intosh-Computer entwickelt wurde. Inzwischen wurde von diesem Programm ein "Clone" für die PC-Welt erstellt. Da bei diesem System die Bilder innerhalb der Datenbank abgespeichert werden, kann es allerdings bei einem "Datenbank-Crash" zu Datenverlusten kommen. Aus diesem, aber auch vielen anderen und vor allem auch aus finanziellen Gründen kommt "Imagefinder" für unser Projekt nicht in Frage.

Das zweite System ist "M-Box" der Fa. Wiener aus Schwaz in Tirol. Diese Applikation baut auf den C++-Code einer Datenbank der Fa. Reimer auf und kann vom Benutzer selbst auf seine Erfordernisse abgestimmt werden. Außerdem sind die Bilder hier extern abgespeichert, was einen technischen Vorteil darstellt. Deshalb haben wir den Kostenvoranschlag für dieses Datenbanksystem in unseren Antrag aufgenommen.

Als Alternative für die Erstellung einer Bilddatenbank wird in diesem Projekt das Datenbanksystem Oracle 7.x herangezogen. Einerseits gehört dieses Datenbanksystem bezüglich Datenmenge und Datensicherheit zu einer der stabilsten Datenbanken und andererseits ist dieses System über einen Kampusvertrag kostengünstig zu beschaffen. Da in diesem Projekt ein Prototyp erstellt werden soll, ist die Flexibilität und Erweiterbarkeit dieser Bilddatenbank von größter Bedeutung. Das Oracle System bietet mit "Embedded Sql" eine direkte Schnittstelle zu C und anderen gängigen Programmiersprachen. Die Applikation kann somit auch auf verschiedenen Plattformen installiert werden. Die Datenbankabfragen werden an den Oracle Server (NT Server) weitergegeben und die Ergebnisse werden direkt an die Clientsoftware (Bilddatenbankprogramm) zurückgegeben. Ein weiterer Vorteil dieses Konzeptes besteht auch darin, verschiedene Client Programme zu verwenden, die auf die Oracle-Datenbank zugreifen können. Es könnte so auch beispielsweise direkt aus Netscape auf die Daten zugegriffen werden. Durch diese Konfiguration ist ein optimale Einsetzbarkeit des Prototyps gegeben. Das Datenbankdesign wird in Kooperation mit der Abteilung Bildverarbeitung und Mustererkennung an der Technischen Universität Wien, Treitlstrasse 3, 1040 Wien, durchgeführt.

Die so erstellte Bilddatenbank soll dann ausschnittsweise oder komplett der wissenschaftlichen Öffentlichkeit im World Wide Web zugänglich gemacht werden.

Als Datenspeicher sollen zunächst zwei 10 Gbyte Festplatten dienen, die in einen der vorhandenen PC’s am Naturhistorischen Museum, Prähistorische Abteilung, eingebaut werden können.