Horizontalstratigrafie und Chronologie mithilfe der Analyse der N Nächsten Nachbarn

Horizontalstratigraphische Methoden:

Auf vielen Fundplätzen und Grabungen war eine vertikal-stratigrafische Einordnung nur selten möglich. Deshalb überlegte man sich das Konzept der "Horizontalstratigrafie". Aufgrund von Merkmalskartierungen auf Siedlungs- und Gräberfeldplänen zeigte sich bald, dass diese Verteilungen Konzentrationen in gewissen Bereichen ergaben. Bei einem Gräberfeld erklärte man sich das so: Gräber werden nicht wahllos verstreut auf dem Areal des Gräberfeldes angelegt, sondern in bestimmten Abfolgen; verwandte Zeitgenossen kommen in der Nähe zu liegen. Im Laufe der Zeit dehnt sich das Gräberfeld weiter aus. Das sind die Modellvorstellungen, die hinter der Horizontalstratigrafie stehen.

Vor der Benutzung von Computern war die Erzeugung von Verbreitungskarten stark durch den großen Arbeitsaufwand limitiert. Deshalb wurden oft nur wenige Karten publiziert, deren Auswahl meist subjektiv vom Bearbeiter abhing. Diese wenigen Karten wurden dann für eine Interpretation der Gräberfeldbelegung oder Siedlungsentwicklung herangezogen. Heute ist die Situation umgekehrt: Durch Verwendung von Datenbanken, GIS und automatischer Kartierung wird eine derartig große Fülle von Karten erhalten, dass eine Interpretation immer aufwendiger wird. Hier setzen nun die Methoden zur automatischen Klassifikation von Verbreitungskarten an. Einen recht guten Überblick zu diesem Thema bietet das Buch "Spatial Analysis in Archaeology".

Analyse der "N Nächsten Nachbarn" mit einem Typ":

Es handelt sich um ein in seiner Gesamtheit von mir neu entwickeltes Verfahren, das schon öfter beschrieben worden ist.

Zunächst werden Verbreitungskarten erstellt und durch statistische Tests auf signifikant nichtzufällige Verteilungsmuster untersucht. Mit diesen Verteilungen wird ein Erwartungswert errechnet, der angibt, welche Häufigkeit eines Merkmals/Typs innerhalb der "N Nächsten Nachbarn" eines Fundkomplexes zufällig zu erwarten wäre. Dies wird für alle Vertreter eines Typs wiederholt.

Unter Vorgabe eines Konfidenzintervalles kann dann bestimmt werden, ob die tatsächlich ermittelten Nachbarn mit dem gleichen Merkmal zufällig sein könnten oder nicht, in Abhängigkeit vom Signifikanzniveau, das zur Ermittlung des Konfidenzintervalls notwendig war.

Finden sich in der Umgebung eines Komplexes mit einem bestimmten Typ tatsächlich Vertreter desselben Typs und ist die Verteilung signifikant nichtzufällig, so werden dieser Komplex und die zugehörigen Nachbarn in eine Liste von Beziehungen zwischen den Komplexen aufgenommen, ähnlich wie unterschiedliche Gegenstandstypen in einem geschlossenen Fund. Diese Matrix aus Beziehungen und Komplexen wird sodann einer Seriation - dem Reciprocal Averaging - unterworfen. Der erhaltene Eigenvektor der Funde wird mit einer eindimensionalen Clusteranalyse in "natürliche" Gruppen zerlegt. Diese werden sodann auf dem Gesamtplan dargestellt.

Analyse der "N Nächsten Nachbarn mit zwei Typen":

In einem weiteren Verfahren können die Verbreitungen unterschiedlicher Typen miteinander verglichen werden. Es können nun signifikant ähnliche Verteilungen erkannt werden. Dazu müssen die Vertreter des zweiten Typs signifikant häufiger als erwartet in der Umgebung der "N Nächsten Nachbarn" des ersten Typs auftreten. Insgesamt müssen T*(T-1)/2 Vergleiche durchgeführt werden. Man stelle sich vor: bei 500 Verbreitungskarten sind das 124.750 Vergleiche, manuell (eigentlich visuell) wäre diese Aufgabe innerhalb eines vernünftigen Zeitraumes kaum mehr zu lösen.

Daraus werden wieder Beziehungen zwischen benachbarten Fundkomplexen ermittelt. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass - wenn eine unterschiedliche Ausstattung von gleichzeitigen Gräbern gegeben ist, wie das bei Männer- und Fraueninventaren im Allgemeinen der Fall ist - dennoch ihre Zusammengehörigkeit erkannt wird, wenn sie tatsächlich nebeneinander im Gräberfeld liegen.

Sind Doppelbelegungen eines Gräberfeldareals in verschiedenen Zeiten gegeben, so können diese automatisch getrennt werden, es bieten sich dazu zwei Möglichkeiten an:

Um das Verfahren zu beschleunigen, kann man den ersten Typ einer Vorselektion unterwerfen. D. h. es werden überhaupt nur solche Typen mit anderen verglichen, die für sich selbst in ihrer Verbreitung ebenfalls bereits signifikant sind.

In der Praxis zeigt sich, wenn die Signifikanz einer Beziehung nur in einer Richtung von einem Typ zum anderen untersucht wird, dass beträchtlich viele "unerwünschte" Beziehungen mit ausgewertet werden. Somit ist es notwendig, die Signifikanz zusätzlich in umgekehrter Richtung zu bestätigen. Die Resultate nenne ich "Signifikant gleiche Kartierungen mit reziproker Kontrolle". Wenn jedoch beide Verfahren mit dem "richtigen" mathematischen "Background" ablaufen, sollten kaum Unterschiede auftreten.

Toposeriation:

Um die bei Seriationen erhaltenen Abfolgen auf dem Gesamtplan darstellen zu können, werden die Eigenvektoren aus dem Reciprocal Averaging durch eine eindimensionalen Clusteranalyse in "natürliche" Gruppen unterteilt. Die Anzahl der Cluster kann direkt vorgegeben werden. Diese Gruppen werden dann auf dem Gesamtplan kartiert.

Bei derartigen Kartierungen von Seriationen zeigt sich ein Phänomen, dass das Seriationergebnis auf horizontalstratigrafische Zusammenhänge weitgehend keine Rücksicht nimmt. D.h. die "Chronologische Abfolge" springt von einem Punkt im Gräberfeld zu einem anderen, weit entfernten.

Kartiert man dagegen das Seriationsergebnis der "Beziehungsmatrix" benachbarter Gräber - wie man sie in beiden Varianten der Analyse der "N Nächsten Nachbarn" erhält, werden die Cluster in ihrer Reihenfolge kartiert, wodurch zusammenhängende Gräbergruppen erhalten werden, die im günstigsten Fall eine Zusammenfassung aller Einzelkartierungen darstellen. Die erhaltene Reihenfolge kann der Gräberfeldbelegung oder Besiedlungsentwicklung entsprechen oder zumindest bei der Interpretation hilfreich sein.

Dynamische Typologie und Horizontalstratigraphie:

Bei Kartierungen kann man die dynamische Typologie ebenfalls anwenden und folgendermaßen formulieren: Zeigt die Kartierung eines Typs zwei oder mehr unabhängige Gruppen und unterscheiden sich die Typenvertreter in diesen Gruppen signifikant - zumindest in einem Merkmal - so ist es gerechtfertigt, hier eine typologische Untergliederung vorzunehmen.

Voraussetzungen

·  Dynamische Typologie durch Gegenüberstellung von Typologie und Kartierung

·  Eigentliche Auswertung

·  Interpretation

bisherige Anwendungen

·  ältestlinearbandkeramische Siedlung von Brunn am Gebirge, Flur Wolfsholz (Ausgräber P. Stadler) - abgeschlossen für Fundstellen I und II.

·  frühbronzezeitliches Gräberfeld von Franzhausen I (Ausgräber J.W. Neugebauer) - großteils abgeschlossen.

·  bayuwarisches Gräberfeld von Altenerding (Publikation W. Sage und H. Helmuth) - großteils abgeschlossen. Teilweise publiziert.

·  frühawarenzeitliches Gräberfeld von Kölked-Feketekapu A in Ungarn (Ausgräber und Bearbeiter Attila Kiss). Bereits teilweise publiziert.

·  awarenzeitliches Gräberfeld von Mödling - Goldene Stiege (Ausgräber K.Matzner, - Publikation F.Daim) - in Vorbereitung.

·  awarenzeitliches Gräberfeld von Zillingtal (Publikation F.Daim) - in Vorbereitung.

·  Typen und Werkstätten spätawarischer Güsse im Karpatenbecken- in darunter stehendem Punkt inkludiert.

·  Gesamtaufnahme des awarischen Fundmaterials mit Bilddatenbank Montelius, fast vollständig.

·  Gesamtaufnahme des frühgeschichtlichen Fundmaterials in Mitteleuropa, in Arbeit.

·  frühgeschichtliches Gräberfeld von Nevolino im Ural (Ausgräber u.a. Frau Prof.Goldina) - Arbeiten größtenteils abgeschlossen.

Bischofshofen Pestfriedhof, bereits publiziert.

Statzendorf, publiziert von Katharina Rebay.

Rosenburg

Mold

Brunn Wolfholz

Kleinhadersdorf

Hallstatt Hochthal

Franzhausen Kokoron u.v.a.m

 

 

Daten, die mit diesem Verfahren ausgewertet werden können

·  Archäologische Fundkomplexe

·   

Beigaben in einem Gräberfeld

·  Abfälle aus Siedlungsgruben


·  Archäologische Befunde


·  Anthropologische Daten

 

Beschreibung: C:\www\www.winserion.org\docs\LVAS\QAM\QAM-An1.gif

Bei der Fortpflanzung vermischt sich die nukleare DNA des einen Elternteiles mit der nuklearen DNA des anderen. MtDNA dagegen wird nur von der Mutter auf den Sprössling übertragen.


·  Metallanalysen

·  Isotopenanalysen Pb

·  u.v.a.m

letzte Bearbeitung 10.12.2018