Peter Stadler
Motivation zur Verwendung von Computern für archäologische Fragestellungen:
Gerade in einem „geisteswissenschaftlichen“ Fach wie der Ur- und Frühgeschichte/Archäologie war es zunächst noch notwendig, zu erklären, in welchen Bereichen und warum man Computer in der Archäologie einsetzen sollte. Trotz der Tatsache, dass heute niemand mehr ohne den Computer auskommt, wird dieser meist nur als bessere "Schreibmaschine" benutzt. Gegenüber manche Kollegen ist es deshalb immer noch notwendig, folgendermaßen zu argumentieren:
In der Archäologie
sowie auch in anderen Wissenschaften führen oft ganz verschiedene Beweggründe
zur Anwendung mathematischer Verfahren, deren Durchführung oft nur mittels
Computer sinnvoll möglich ist:
Die ersten drei Gründe können bei Anwendung geeigneter Algorithmen (= mathematischer Verfahren) zu einer Verbesserung bisheriger Ergebnisse führen. Voraussetzung ist, dass zunächst der intuitive Lösungsvorgang zu einem Modell abstrahiert wird. Dieses Modell kann dann zur Strategie der Algorithmusfindung herangezogen werden.
Eine Lösung mit Hilfe der Mathematik beim Punkt 4 ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Auch bei Verwendung des Computers sind also exakte Fragestellungen notwendig, auch wenn nun jedoch viel mehr Fragen gestellt und getestet werden können, von denen einige eine Antwort finden, andere jedoch nicht.
Die Aufteilung in
Geistes- und Naturwissenschaften, die es vorher so nicht gegeben hat,
"verdanken" wir Wilhelm
Windelband in seiner Rede zum
Antritt des Rektorats der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg gehalten am 1.
Mai 1894. Gerade die Ur- und
Frühgeschichte, die sich in den letzten Jahren immer mehr in Richtung zur CSI
der Geschichtsforschung entwickelt, benutzt also neben der eigenen Fachmethodik
naturwissenschaftlich/mathematische Methoden. Deshalb wird diese (meiner
Meinung nach verzichtbare) strenge Zuordnung der Ur- und Frühgeschichte zu den
Geisteswissenschaften immer mehr "aufgeweicht" und vielleicht einmal
sogar rückgängig gemacht werden (müssen).
Inzwischen entwickeln sich die „Quantitativen Methoden“ zur Königsdisziplin von Ur- und Frühgeschichte und Archäologie. Nicht nur weil sie eine Auswertung aller Befunde und Funde gewähleistet, sondern weil sie dadurch auch eine Rechtfertigung für all die tausenden Grabungen anbieten, deren Zusammenschau erst jetzt langsam möglich wird, mit Aussicht auf eine mit dem Material wachsende statistische Basis für alle kulturwissenschaftlichen Aussagen.
letzte Bearbeitung 2.12.2019