14C Theorie und Praxis

Übersicht

Einleitung

Seit der Entdeckung der 14C-Uhr wurde die Datierung und damit die Absolutchronologie der Urgeschichte der Welt ziemlich stark verändert. Renfrew (1973) nannte es die "radiocarbon revolution". Die Datierung mit 14C war eine der bedeutendsten Entdeckungen des 20. Jahrhunderts.

Die Radiocarbon-Methode wurde von einem Team um Prof. Willard F. Libby von der Universität Chikago unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt. Libby erhielt dafür 1960 den Nobelpreis für Chemie "für seine Methode, um Carbon-14 für Altersbestimmungen in Archäologie, Geologie, Geophysik und anderen Wissenschaften zu nützen". Nach einem der Wissenschaftler (Taylor 1987), die Libby für den Nobelpreis nominierten "hat selten eine einzige Entdeckung in der Chemie so großen Einfluß auf das Denken in so vielen Bereichen der menschlichen Entwicklung genommen. Selten hat eine einzige Entdeckung so weites öffentliches Interesse erfahren."

Heute arbeiten über 130 14C-Labors auf der ganzen Welt. Die 14C-Technik wurde und wird in vielen verschiedenen Wissenschaftsbereichen verwendet, unter anderen in der Hydrologie, Wissenschaft von der Atmosphäre, Ozeanographie, Geologie, Paläoklimatologie, Archäologie und Biomedizin.
 
 

Die Grundlagen der 14C-Methode

In der Natur kommt Kohlenstoff in Form von 3 Isotopen vor - 12C, 13C , die beide stabil sind, und 14C, das instabil oder radioaktiv ist. Diese Isotopen kommen in der Natur in unterschiedlichen Mengen vor: 12C = 98.89%, 13C = 1.11% und 14C = 0.0000000001%. Somit kommt ein 14C-Atom in der Natur auf 1.000.000.000.000 12C-Atome. Die Radiocarbon-Methode basiert auf der Zerfallsrate des radioaktiven 14C, das in der oberen Atmosphäre durch den Einfluß von Neutronen in der Höhenstrahlung auf 14N (Stickstoff) gebildet wird. Die Reaktionsgleichung sieht folgendermaßen aus: 14N + n => 14C + p (n bedeutet ein Neutron und p ein Proton)

Das so gebildete 14C wird schnell zu 14CO2 oxidiert und tritt in den Lebenszyklus der Pflanzen durch Photosynthese und der Tiere durch die Nahrungskette ein. Die Schnelligkeit der gleichmäßigen Verteilung konnte besonders nach den in der Atmosphäre durchgeführten Atombombenversuchen demonstriert werden. Pflanzen und Tiere nehmen während ihres Lebens 14C auf und stehen damit im physikalischen Gleichgewicht mit der Atmosphäre, das bedeutet, daß das Verhältnis von stabilem zu instabilem Kohlenstoff annähernd gleichbleibt. Sobald Pflanze oder Tier sterben, wird kein weiterer Kohlenstoff aufgenommen und auch kein weiterer radioaktiver Kohlenstoff, der bereits aufgenommene zerfällt nun stetig. Libby, Anderson und Arnold (1949) entdeckten, daß dieser Zerfall in einer konstanten Rate erfolgt. Sie fanden heraus, daß nach 5568 Jahren die Hälfte des 14C der ursprünglichen Probe zerfallen und daß nach weiteren 5568 Jahren nur mehr ein Viertel vorhanden sein wird. Diese 5568 Jahre bezeichnet man als Halbwertszeit (5568 ± 30). Nach zehn Halbwertszeiten ist der Gehalt von 14C bereits sehr gering geworden. Somit sind Datierungen von Proben mit einem Alter über 50000 Jahren kaum mehr durchführbar.

Mißt man nun die radioaktiven Zerfälle in einer Probe und vergleicht die Aktivität mit einer Probe von heute (dazu nimmt man Holz von 1890, dessen Aktivität für 1950 korrigiert wurde), so kann man daraus das Alter der Probe - also den Todeszeitpunkt des Lebewesens - bestimmen.

Der Zerfall von 14C erfolgt nach folgender Gleichung. 14C => 14N + ® (® ist dabei ein Beta-Teilchen oder Elektron)

Da die Anzahl der produzierten Beta-Partikel genau der Zahl der zerfallenden 14C-Atome entspricht, kann man ihre Zählung dazu heranziehen, auf die 14C-Konzentration in der Probe zurückzuschließen.

Diese Messung der zerfallenden 14C-Atome hat mehrere Nachteile:

  • Es werden große Probenmengen benötigt (mehrere 100g Kohlenstoff).
  • Die Meßzeiten dauern oft für eine Probe über eine Woche.
  • Bei Verwendung einer modernen AMS (Accelerator Mass Spectroscopy)-Anlage wird nicht der Zerfall gemessen sondern die Gesamtzahl von 14C-Atomen in der Probe gleich im Verhältnis zu 12C und 13C.

    Die Vorteil dieser Methode sind:

  • kleine Probemengen im 1-10 mg Bereich
  • Die Meßzeiten liegen im Bereich von einer halben bis ganzen Stunde.

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    Kalibration

    Man hat viel später, als Libby seine Methode entwickelte, vor allem durch Datierung der Jahresringe der bis zu 7000 Jahre alten Borstenzapfkiefern bemerkt, daß die von ihm ursprünglich getroffene (und rein willkürliche) Annahme, daß die 14C Konzentration im Lauf der Zeit konstant geblieben ist, nicht zutrifft. Das 14C-Alter war vor allem für mehr als 2000 Jahre alte Jahresringe (durch Abzählen absolut datiert) deutlich zu gering. Im allgemeinen kann man sagen, daß das 14C-Alter - je älter die Proben sind - um so stärker zu gering bestimmt wird. Also hat man nach einer Möglichkeit zur rein mathematischen Kalibration gesucht.

    Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden mehrere - immer genauere - Kalibrationskurven ermittelt, die es einem nun unter Verwendung von Kalibrationsprogrammen ermöglichen, aus dem unkalibrierten 14C-Datum ein kalibriertes zu erhalten. Proben mit einem konventionellen 14C-Datum 6500 B(efore) P(resent), also 4550 vor Chr., werden durch die Kalibration um bis zu 800-1000 Jahre älter. Leider enthalten die Kalibrationskurven zahlreiche wiggles, also mehrdeutige Stellen, weshalb im ungünstigen Fall das Datierungsintervall wesentlich höher werden kann, als das beim konventionellen Datum der Fall ist.

    Im Internet kann man derzeit zwei Programme zur Kalibration erhalten. OxCal (derzeit Version 2.18) von Ch. Ramsey, einem Mathematiker, der in Oxford arbeitet, entwickelt. Es ist dabei das derzeit am weitesten fortgeschrittene Programm und gleichzeitig am benutzerfreundlichsten.
     
     
     
     

    Forschungsstand der Absolutchronologie

    Historisch ergeben sich durch 14C-Kalibration bedeutende Veränderungen gegenüber bisherigen Chronologien. So beginnt das Neolithikum in Mitteleuropa entgegen vielleicht noch vor zwanzig Jahren üblichen Vorstellungen nicht 4000 v.Chr sondern etwa 5700 v.Chr. Der Beginn der Bronzezeit liegt nicht etwa bei 1800 v.Chr (oder 2000 v.Chr.) sondern schon bei 2200 v.Chr.

    Folgende Auszüge aus bereits zum Teil publizierten Artikeln bieten einen Überblick über bisherige absolutchronologische Ansätze aufgrund von 14C-Daten:

    Ein Beitrag zur Absolutchronologie des Neolithikums

    Zur Absolutchronologie der Linearbandkeramik

    Die Datierung des Massakers von Schletz

    Die Datierung des Mannes vom Hauslabjoch

    Schnurkeramische (?) Gräber von Mannersdorf/March

    Für die anderen urgeschichtlichen Kulturen und Gruppen konnte ein absolutchronologischer Rahmen abgesteckt werden. Datengrundlage ist eine von Stadler angelegte Datenbank zu den 14C-Daten der Ur- und Frühgeschichte in Europa. Dazu verwendet wurden die großen Monographien, die 14C-Daten in den letzten 20 Jahren vorgelegt haben, aber auch zahlreiche Artikel der letzten Jahre, die in den großen Arbeiten noch nicht benutzt werden konnten. Man kann derzeit sicher noch nicht davon sprechen, daß die Datenbank komplett wäre, sie umfaßt aber bei derzeit knapp über 10000 Daten doch wesentlich mehr als die Arbeit von Breunig 1986 mit ca. 2000 Daten.

    Die für eine absolutchronologische Einordnung theoretisch viel besser geeignete Methode der Dendrochronologie, kommt leider derzeit in Österreich in Ermangelung eines weit zurückreichenden "Endlosbaumes" nicht in Frage. Außerdem ist von vorneherein die Zahl archäologischer Fundkomplexe, die hierzu brauchbares Material liefern, verschwindend gering und nur auf besondere Erhaltungssituationen beschränkt. (Ausnahmen: Uferrandsiedlungen der Mondseekultur, Grabungen im Salzberg von Hallstatt etc.)
     

    Außerdem soll hier noch au ein anderes interessantes Gebiet hingewiesen werden:

    Status of Synchronisation of East Mediterranean Civilizations
     

    Probenauswahl

    Für die Auswahl der Proben sind unter anderem zwei Kriterien wichtig: Zum einen sollen sie archäologisch gut befundet sein, d. h. die genaue Herkunft aus einem archäologischen Befund und die stratigrafische Zuordnung sollen gesichert sein. Zum anderen sollte man diese Straten oder Befunde durch archäologische Funde relativchronologisch gut einordnen können. Nur in Ausnahmefällen sollen solche Proben genommen werden, die archäologisch nicht datiert werden können, wie z.B. die (spätneolithischen) Gräber von Mannersdorf an der March, siehe Beilage.
     

    Kulturelle bzw. zeitliche Auswahl

    Aufgrund des Verlaufes der Kalibrationskurve sind nicht alle Zeitabschnitte in gleicher Weise für 14C-Analysen geeignet wie andere. Dennoch soll zuerst in einer Art explorativer Phase des Projekts insgesamt die Analysenbasis vom Paläolithikum bis zum 10. Jhdt. wesentlich verbreitert werden. Derzeit beträgt die Anzahl publizierter 14C-Daten aus Österreich 447. Durch unser Projekt hoffen wir die Zahl wesentlich zu vergrößern.

    Nach dieser Voruntersuchung sollen Proben aus gewissen Bereichen der 14C-Kalibrationskurve genommen werden, wo diese möglichst steil und eindeutig verläuft. Falls es innerhalb des Projektes gelingt, die AMS-Anlage so gut abzustimmen, daß Präzisionsmessungen durchgeführt werden können, sollen Mehrfachmessungen von Proben aus gut kalibrierbaren Abschnitten vorgenommen werden, wodurch das Sigma der Messung stark reduziert werden soll. Folgende Zeitabschnitte kommen dafür in Betracht: Für das Mesolithikum lassen sich einige Abschnitte erkennen, in denen gut mit 14C datiert werden kann. In Frage kommt auch der Beginn der Linearbandkeramik, die Bemaltkeramik, mit einigen Lücken. Besonders gut eignet sich das Spätneolithikum ab 2700 v.Chr. über die Frühe Bronzezeit bis zur Spätbronzezeit. Nicht geeignet ist die Hallstattzeit, außer vielleicht Hallstatt D. Die frühe La Tène-Zeit scheint gut brauchbar zu sein, und dann Spät-La Tène bis zum 3.Jh. n.Chr. Die Spätantike von 350 n.Chr. bis 440 gibt Hoffnung auf gut bestimmbare 14C-Daten. Ebenfalls geeignet erscheint die letzte Phase der langobardischen Besiedlung in Pannonien bis zum Abzug nach Italien, die awarische Landnahme (568) bis 690, also etwa bis zum Ende der Mittelawarenzeit. Aus der Spätawarenzeit scheinen nur solche Funde genau datierbar zu sein, die aus dem Zeitraum 760 bis 785 stammen. Vom Ende des Frühmittelalters liegt eine Phase von 970-1030, Funde aus der Gründungsphase Österreichs könnten somit präzise datiert werden. Aus dem Mittelalter und der Neuzeit liegen noch Abschnitte von 1170-1300, von 1400-1490 und von 1630-1670 vor.

    Der Beitrag über die Suche nach Intervallen für die Hochgenauigkeitsmessung von 14C-Daten gibt in der Tabelle die geeignet erscheinenden Intervalle an, die hier in ihrer kulturellen Zugehörigkeit diskutiert wurden.
     
     
     

    Auswahl nach dem Material

    In diesem Projekt sollen möglichst viele Daten erfaßt werden. Bei Serienanalysen kann man mit statistischer Wahrscheinlichkeit bei der Untersuchung von Holzkohlen Althölzer erkennen. D.h. sogenannte kurzlebige Probenmaterialien, z.B. die Früchte einjähriger Pflanzen, werden nicht im Mittelpunkt dieses Projektes stehen, hier ist außerdem die Anzahl vorhandener Proben zu gering, wo sie vorliegen, sollen sie selbstverständlich berücksichtigt werden.

    Neben Holzkohlen sollen Tierknochen aber auch Menschenknochen untersucht werden. Hier bieten sich geradezu einzigartig die reichen Sammlungen der Paläozoologischen aber auch Anthropologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums an. Von den 35000 menschlichen Skeletten, die hier inventarisiert sind, können sicher einige, aus beigabenreichen Gräbern stammende Proben archäologisch gut eingeordnet werden.
     
     
     
     

    Probenvorbehandlung

    Bei der Analyse von Knochen kann nicht das Knochencarbonat zur Datierung genommen werden, weil die Möglichkeit eines späteren Austausches mit der Umwelt besteht. Deshalb ist es üblich, das Kollagen (ein Eiweiß) zu extrahieren. Um die Möglichkeit einer Kontamination dieses Kollagens durch andere Substanzen einzuengen, werden in letzter Zeit vor allem in Oxford Versuche gemacht, das Kollagen in seine Aminosäuren aufzuspalten und nur die Aminosäuren für die 14C-Bestimmung zu verwenden, die für Knochenkollagen charakteristisch sind, wie z.B. Hydroxyprolin. In diesem Projekt könnten wir versuchen, mithilfe einer HPLC-Analyse (High Pressure Liquid Chromatography) diese Auftrennung durchzuführen.
     

    14C Projekt

    Durch den glücklichen Umstand, daß von Herrn Prof. Walter Kutschera am Institut für Radiumchemie und Kernphysik der Universität Wien eine AMS-Anlage installiert worden ist, sahen wir uns veranlaßt, gemeinsam mit Prof. Herwig Friesinger vom Institut für Ur- und Frühgeschichte ein Projekt zur Abslutchronologie früher Kulturen in Österreich und Mitteleuropa unter Benutzung dieser AMS Anlage einzureichen. Dieses Projekt wurde im Frühjahr 1997 vom FWF ungekürzt bewilligt, Projektbeginn war der 1. Juli 1997.

    Im Rahmen dieses Projekts sollen neben den bereits erfolgten ca. 400 Analysen aus Österreich weitere 1000 Analysen innerhalb der nächsten 3 Jahre durchgeführt werden.